Das ist ein Thema, das mich als Techniker natürlich beschäftigt. Egal, ob Smartphone oder ICE. In unseren modernen technischen Geräten steckt so viel Software, dass es gelegentlich zu ‚Hängern‘ kommt. Zu Störungen, die sich nur durch einen Reset beheben lassen. Dabei unterscheidet der Techniker zwischen einem weichen und einem harten Reset. Einem, der ohne größere Auswirkungen auf die Funktion durchgeführt werden kann und einem, bei dem alle Systeme angehalten werden müssen … bevor es wieder weitergeht.
Auch wir Menschen benötigen manchmal ein Innehalten und einen Reset. Wie oft und wie weich oder hart, das beschäftigt mich gerade.
Weich oder hart?
Es ist mir mehr als einmal passiert. Der ICE, in dem ich sitze, schleppt sich mit letzter Kraft, mit reduzierter Geschwindigkeit, in den nächsten Bahnhof. Von den Zugbegleitern werden wir unterwegs über technische Probleme informiert. Im Bahnhof dann, wird wahrscheinlich alles Mögliche probiert, um die Störung am Zug zu beheben. Irgendwann kommt die Durchsage: „Wir müssen den Zug komplett neu starten.“ Das bedeutet: alles aus, kurz warten und dann nacheinander wieder einschalten. Alles. Auch das Licht (in der Dunkelheit). Jedes Mal, so meine Erfahrung, hat dieser harte Reset geholfen, den Zug wieder neu in Schwung zu bringen.
An diese Zugfahrten denke ich gerade, wenn ich in mich hineinspüre. Kleine, weiche Resets mache ich meist täglich: Ich lege das Buch beiseite, in dem ich gerade lese, weil es doch nicht meinen Erwartungen entspricht. Ich flicke den Reifen an meinem Fahrrad, weil er Luft verliert. Ich suche mir eine alternative Route, weil die Straße vor mir gesperrt ist.
Doch manchmal reichen diese weichen Resets einfach nicht. Immer dann, wenn es um grundsätzlichere Themen geht. Um Themen, die einen kompletten, harten Neustart benötigen.
Midlife-Crisis?
Dieses Jahr werde ich 55. Die berufliche Karriere ist durch, Frau und Kinder sind in meinem Leben, ebenso das eigene Haus. Ein Teil meiner Lebenszeit liegt hinter mir. Andererseits: Ich hoffe, noch viele gesunde und zufriedene Jahre vor mir zu haben.
Gleichzeitig wird in mir ein Ruf nach Veränderung laut(er). Eine Stimme, die mich seit Monaten fragt: Wo willst du noch hin?
Vielleicht ist das meine Midlife-Crisis.
Mein persönlicher Reset-Knopf
In Zukunft will ich meine Zeit nur noch Dingen widmen, die voranbringen. Alles andere möchte ich konsequent beiseiteschieben. So Dinge wie
- den Serientermin, an dem ich (aus Gewohnheit) seit Monaten teilnehme, wenn ich darin für mich oder andere keinen Mehrwert liefern kann,
- das Projekt, das sich mit „Selbstverwaltung“ beschäftigt, ohne dass es wirklich Neues schafft,
- die eigene Gewohnheit, die mich daran hindert, zu wachsen und Neues zu erleben.
Das gelingt mir noch nicht gut genug. Erst kürzlich habe ich wieder an einer regelmäßig stattfindenden Besprechung teilgenommen, in der es überwiegend um Selbstverwaltung ging: In dem auf zwei Stunden angesetzten Serientermin (für eine Terminserie halte ich zwei Stunden für zu lang), haben wir mehr als 30 Minuten über persönlichen Kleidergrößen, 20 Minuten über Sonnenschirme, die andere besorgen sollen und weitere zwölf Minuten darüber gesprochen, wer an einer Veranstaltung teilnimmt.
Wahrscheinlich sind das alles wichtige Themen, über die es zu sprechen lohnt. Themen, zu denen auch ich eine Meinung habe und für die es eine Lösung braucht. Aber es sind keine Themen, für die ich künftig meine Lebenszeit verschwenden will.
Im letzten viertel Jahr habe ich einige Zeit zusammen mit einem Coach verbracht, um mir Fragen nach meinem Reset-Knopf zu stellen. Die Antworten, die sich für mich immer klarer zeigen, deuten darauf hin, dass es viele weiche Resets braucht. Und bisweilen auch einen größeren, harten Reset.
Neustart
Ein Reset ist immer ein Neustart. Und ein solcher Neustart tut gut. Bei Software, die nicht mehr funktioniert, führt der Reset in der Regel dazu, dass das Programm wieder neu und mit gelöschtem Arbeitsspeicher gestartet wird. Altlasten und Fehler werden damit gelöscht.
Solch ein Neustart kann im persönlichen Kontext genutzt werden, Raum für neue Interessen und Personen zu schaffen. Ein Neustart kann dazu beitragen, alte, mittlerweile als Ballast empfundene Verpflichtungen (Mitgliedschaften, Besitz, Personen) aufzugeben.
Nur mit einem Reset schaffen wir das.
Ich habe mir vorgenommen, den Reset noch konsequenter in meinem Leben zu verankern. Ein Reset ist nichts Schlechtes. Denn ein Reset schafft Platz für Neues.
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