Was guten Streit ausmacht

von | 09.02.2019 | zusammenArbeiten

Streit verbinden wir oft mit negativen Emotionen. Doch die wollen wir nicht. Wenn uns „guter Streit“ gelingt, vermeiden wir dieses schlechte Gefühl. Und wir stärken uns und unsere Beziehungen.

Die eigene Vergangenheit, das soziale Umfeld und unsere Werte prägen auch unsere Streitkultur. Wenn wir akzeptieren, dass dieser Hintergrund bei jedem von uns unterschiedlich ist, haben wir das Fundament für guten Streit geschaffen. Denn trotz dieser Unterschiede gibt es Gemeinsamkeiten, die auf guten Streit hindeuten. Sieben Kennzeichen habe ich hier zusammengetragen.

Eine klare Sprache

Wenn wir uns verständlich ausdrücken, haben wir die Chance, auch verstanden zu werden. Das ist oft gar nicht so einfach. Denn was für uns verständlich ist, muss unser Gesprächspartner noch lange nicht verstehen.

Klare Sprache kennzeichnet sich durch

  • eine betonte Aussprache – ohne Nuscheln,
  • den Verzicht auf Fremdwörter – wenn nicht bekannt ist, ob sie verstanden werden,
  • einfaches Deutsch – komplizierte Sätze versteht nicht jeder,
  • Sprechen in Bildern und Botschaften,
  • kein Blabla.

Auch bei einem Streit gilt: Nur wer sich klar ausdrücken kann, hat die Chance verstanden zu werden.

Aktives Zuhören

Hören ist noch nicht zuhören. Dabei ist aktives Zuhören Voraussetzung für Verstehen. Wir müssen uns auf unser Gegenüber einlassen. Uns konzentrieren. So, dass unser Interesse auch in der Körpersprache zum Ausdruck kommt.

Indem wir aktiv Zuhören

  • vermeiden wir Missverständnisse,
  • zeigen wir Interesse und
  • wir stellen die eigene Meinung (erst mal) hinten an.

Nur wer selbst zuhören kann, der wird auch Gehör finden. Denn Dialog ist keine Einbahnstraße. Gerade wenn sich im Streit unterschiedliche Positionen zeigen, ist es wichtig, dem Gegenüber aufmerksam zuzuhören.

Person und Sache werden getrennt

Ein Streit eskaliert leicht(er), wenn wir eine Person selbst statt ihre Handlung kritisieren. Wir können die im Kinderzimmer verstreuten Spielsachen unterschiedlich thematisieren:

  • “Du bist unordentlich!”
  • “In deinem Zimmer liegen Spielsachen auf dem gesamten Boden verstreut.”

Während wir im ersten Satz unser Kind als Person kritisieren, geht es im zweiten Satz um die (Spiel-) Sachen.
Wenn wir über eine Sache streiten, bleibt der Mensch selbst unbeschadet.

Dabei gilt: Das Trennen von Person und Sache ist nicht gleichzusetzen mit Emotionslosigkeit. Wenn uns eine Sache richtig stört, dann dürfen, ja sollen wir dies auch emotional zum Ausdruck bringen.

Wir vertreten Interessen – nicht Positionen

Indem wir uns auf unsere Interessen – statt auf Positionen – konzentrieren, machen wir uns auf den Weg zu einer tragfähigen Lösung.
Fragen nach dem „Warum?“ und „Warum nicht?“ helfen uns und unserem Gegenüber dabei, Interessen zu erkennen. Es ist wichtig, dass wir diese Interessen gegenseitig offen legen. So erkennen wir Gemeinsamkeiten. Daraus können wir gemeinsam Lösungsoptionen ableiten.

Auf Augenhöhe bleiben

Konflikte lassen sich dann nachhaltig lösen, wenn die Lösungen in einem Dialog auf Augenhöhe gefunden werden. Das stellt gerade hierarchieübergreifende Konflikte vor besondere Herausforderungen.

Der Chef wird aus einer Position der Macht heraus keinen Konflikt mit seinem Mitarbeiter lösen können. Denn der Mitarbeiter wird schnell das Gefühl überkommen, die Lösung sei ihm übergestülpt worden.

Für einen Dialog auf Augenhöhe müssen Rollenunterschiede außen vor bleiben. Egal ob Hierarchie (Chef-Mitarbeiter, Eltern-Kind, Lehrer-Schüler, Behörde-Bürger) oder persönliche Unterschiede (Geschlecht, Alter, Religion, Weltanschauung, Bildung).

Hat eine Partei hier ein „ungutes Gefühl“, ist es wichtig, dass dies thematisiert wird. Denn nur wenn Augenhöhe auch gefühlt besteht, wird es Konfliktlösung von Dauer geben.

Unterschiedliche Wirklichkeiten anerkennen

Der alleinerziehenden Vater wird die Diskussion um den Urlaubsplan in der Abteilung aus einem anderen Blickwinkel führen, als der kinderlose Kollege. Jeder von ihnen bringt seine eigene Wirklichkeit ein. Der Vater versucht (im Beispiel), möglichst viele Urlaubstage in den Ferien zusammen mit seinen Kindern zu verbringen. Dem Single geht es darum, seine Schwester im Ausland zu besuchen.

Jeder von ihnen kommt mit seinem Blick in die Diskussion. Für eine Lösung ist es wichtig, wenn wir die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten anerkennen. Auch dabei hilft, die Interessen unseres Gegenübers zu kennen.

Es gibt keinen Sieger

Wer einen Streit führt, um zu gewinnen, der wird verlieren. Zumindest langfristig. Lösungen sind von Bestand, wenn alle Beteiligten davon profitieren. Dann gibt es keinen Sieger. Nur Gewinner.

Diese Win-Win-Situationen erreichen wir, wenn wir die vorgenannten Punkte berücksichtigen. Wenn wir den Konflikt als Chance sehen, den bestehenden Zustand für alle zu verbessern. Für uns selbst. Und für den Menschen, mit dem wir gerade streiten.

 

Wenn wir diese sieben Punkte in unserem Alltag berücksichtigen, brauchen wir vor einem Streit nicht zu flüchten. Vielmehr erkennen wir Streit als Chance, uns und unsere Beziehungen zu vertiefen.

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