Jede Woche trifft es mich mehrmals. Fast jedes Mal, wenn ich mit einem Unternehmen in Kontakt trete. Wenn ich Fragen zu einem Produkt habe, mich nach der Lieferzeit erkundige, einen Vertrag verlängern oder einen Defekt melden will. Das, was sich da Kundenservice nennt, empfinde ich meist als Zumutung.
Kundenservice verdient diesen Namen regelmäßig nicht. Und Unternehmen wundern sich (trotzdem), dass Kunden unzufrieden sind.
Kundenservice aus Unternehmens- und Kundensicht
Tatsächlich kenne ich beide Seiten. Etliche Jahre habe ich im Kundenservice gearbeitet, habe mich um Beschwerden von Kunden gekümmert. Beschwerdemanagement ist eine herausfordernde Aufgabe. Das wurde mir dabei bewusst. Schließlich kostet Beschwerdebearbeitung das Unternehmen einiges an Nerven und Geld. Für das Team, das sich um die Anliegen kümmert, die Kolleg:innen im Hintergrund, die die Fehler beheben und vielleicht noch Kompensationsleistungen, um den Mangel auszugleichen. Gelegentlich gab es auch Forderungen von Kunden, die weit über das Ziel hinausschossen oder unmöglich zu erfüllen waren. (Die Geschwindigkeit eines Internetanschlusses ist nunmal auch von physikalischen Gegebenheiten abhängig.)
Auf der anderen Seite bin auch ich Kunde. Einer, der sich von Warteschleife zu Warteschleife hangelt, nur um am Ende zu erfahren, dass momentan kein Mitarbeiter zur Verfügung steht und ich zu einem anderen Zeitpunkt noch mal anrufen soll. Oder der Kunde, dem während des Urlaubs im Camper der erst wenige Monate alte Küchenwasserhahn kaputtgeht. Der Kunde, der sich dann mit einem Provisorium behilft, um in den nächsten zwei Wochen auf Achse das Wasser irgendwie aus dem Wassertank zu bekommen. Mein Ärger über die Situation wird gekrönt von einem Lieferanten, der sich wegduckt und einem Wasserhahnhersteller, der auf den Lieferanten verweist.
Was guten Kundenservice ausmacht
Es fühlte sich für mich fast wie am Pranger an: Die Reaktion des kaufmännischen Geschäftsführers, für den ich das Beschwerdemanagement aufgebaut habe. Ihm erklärte ich, dass ich es für wichtig halte, mehr Beschwerden zu erhalten (weil ich davon überzeugt war, dass sich einige unzufriedene Kunden gar nicht beschweren, sondern direkt kündigen). Was ich erreichen wollte, war die Bereitschaft, weitere Beschwerdekanäle zu schaffen. Dort, wo Kunden sie gern hätten. Denn das kennst du wahrscheinlich auch: Da willst du ein Problem am Telefon besprechen und nirgends findet sich eine Telefonnummer, unter der du das Unternehmen erreichen kannst (nur ein umständlich zu bedienendes Kontaktformular).
Dabei ist es gar nicht so schwer, guten Kundenservice anzubieten. Auch das habe ich gelernt. Oft genügt es schon, als Unternehmen persönlich erreichbar zu sein und ein offenes Ohr zu haben.
Meine Tipps für guten Kundenservice
Ob als Unternehmen oder als Kunde. Wir können auf beiden Seiten dazu beitragen, den Kundenservice zu verbessern. Meine Tipps dafür:
So hilfst du als Kunde dem Kundenservice
Bringe die Fakten ein. Gerade Beschwerden sind eine sehr emotionale Angelegenheit. Da mischen sich Meinungen leicht mit Fakten. Doch um eine Lösung finden zu können, benötigt das Unternehmen Fakten.
Kommuniziere deine Erwartung … und bleibe dabei realistisch. Eine Gutschrift in Höhe von 500 € zu fordern für einen 20-minütigen Internetausfall schießt über das Ziel hinaus. Auch wenn das Unternehmen schadensersatzpflichtig ist, obliegt es dir, den Schaden nachzuweisen.
Google dein Problem. Viele Unternehmen bieten Kundenforen an. Da werden Probleme diskutiert, Ratschläge gegeben und Lösungen detailliert beschrieben. Oft gibt es da (oder in einer normalen Google-Suche) gute Lösungsvorschläge, die dich weiter bringen als das Telefonat mit einem Servicemitarbeiter.
So hilft dein Kundenservice wirklich weiter
Öffne dich. Sicher weißt du als Unternehmen, wie dich deine Kunden erreichen wollen (wenn nicht, dann frage sie). Biete die Kontaktwege an, die Kunden sich wünschen (zumindest einige davon). Ein umständlich zu füllendes Formular, das sich nur absenden lässt, wenn Kunden die 28-stellige Kundennummer und die am Boden des Fahrzeugs befindliche Seriennummer eintragen, ist eine Kundenserviceverhinderungsmaßnahme.
Hinterlasse ein gutes Gefühl. Das war die Messlatte in dem Beschwerdeteam, das ich aufbauen durfte. Durch regelmäßige Gespräche untereinander, den Austausch über gute Lösungen und vor allem ein offenes Ohr dem Kunden gegenüber, werden belohnt. Durch Mitarbeiter, die diesen anstrengenden Job gern tun und Kunden, die eine gelöste Beschwerde zur gesteigerte Loyalität belohnen.
Gemeinsam schaffen wir Kundenservice, der diesen Namen verdient, wenn wir auch mal die Perspektive wechseln und die Schuhe des jeweils anderen anziehen.
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