Zusammenarbeit gelingt, wenn wir zusammenkommen, uns vertrauen, gegenseitig unterstützen und gemeinsame Ziele verfolgen. Bis vor wenigen Jahren glaubten viele von uns, dies sei im beruflichen Kontext nur innerhalb der Unternehmensmauern möglich. Doch mittlerweile wissen wir, dass wir als Distributed Team auch in einem virtuellen Raum erfolgreich zusammenarbeiten können.
In den vorangegangenen Beiträgen haben wir auf die Herausforderungen hybrider Arbeit geblickt und erkannt, dass uns mittlerweile die technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um echte Zusammenarbeit leben zu können – auch wenn einzelne oder alle Mitglieder des Teams außerhalb des Büros arbeiten.
Gute Technik können wir uns kaufen. Nicht so einfach ist es mit dem, was wir neudeutsch Softskills nennen. Eigenschaften, die wir als Einzelne und Team benötigen, um miteinander zu arbeiten, zu gestalten, uns auszutauschen. Bis zur Coronapandemie dachten viele von uns, diese Zusammenarbeit sei nur möglich, wenn wir uns gemeinsam an einem Ort befinden. Heute wissen wir: Das stimmt nicht (mehr). Denn technisch ist es problemlos möglich (siehe hier), gemeinsam um einen virtuellen Tisch zu sitzen, Gedanken auszutauschen, Projekte voranzubringen, Feedback zu geben.
Dieser Beitrag ist die Fortsetzung der Serie über die Zusammenarbeit von Distributed Teams. Der erste Teil blickt auf die Herausforderungen, vor welchen unsere Zusammenarbeit als Team gerade steht. Hier der Link. Der zweite Teil zeigt auf, mit welcher Technik wir unseren Schreibtisch und die Besprechungsräume ausstatten können, damit hybride Zusammenarbeit gelingt. Hier der Artikel.
Ohne Wir-Gefühl geht es nicht
Viele reden davon, dass wir uns zu einer Gesellschaft der Egoisten entwickeln. Jeder schaut auf sich und sucht seinen Vorteil. Auch im beruflichen Kontext kennen wir diese Entwicklung. Wir wollen und müssen in einem guten Licht erscheinen. Uns abheben von unserer Umgebung. Nur so gelingt es uns, in der Karriereleiter emporzusteigen oder als Abteilung gut dazustehen. Selbst das C-Management benötigt dieses Licht. Nur wer sichtbar ist, über den im Unternehmen und in den Medien positiv berichtet wird, bleibt im Spiel.
Dabei wissen wir es längst besser: Egoismus hilft uns heute weniger denn je. Das gilt für Staaten ebenso wie für den Einzelnen. Und in unseren Unternehmen ebenso. Nur wenn wir Wege finden, die anderen Menschen (Unternehmen, Staaten) dieselben Rechte zugesteht, die wir für uns selbst in Anspruch nehmen (wollen), klappt es mit einer friedlichen und auf Entwicklung ausgerichteten Koexistenz.
Gibt es gemeinsame Interessen, Werte und Ziele, ist es leicht(er), den persönlichen Egoismus hinter sich zu lassen. Wo ein Wir-Gefühl das Ich-Streben abgelöst hat, kehrt Frieden ein und wird Entwicklung erst möglich – für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Das gilt auch für unsere Organisationen.
Die Entwicklungsphasen eines Teams
Viele von uns, allen voran Trainer einer Fußballmannschaft und Führungskräfte, kennen die Entwicklungsphasen eines Teams:
- Forming-/Findungs-Phase
Das neue Team muss sich erst mal kennenlernen. Geprägt ist diese Phase von Unsicherheit, Unkenntnis und geringer Produktivität. - Storming-/Konflikt-Phase
Das junge Team entwickelt gemeinsame Ziele und gerät darüber in Diskussion, oft Auseinandersetzung. Jeder ist auf der Suche nach seiner Rolle und Status im Team. - Norming-/Übereinkommens-Phase
Das Team hat seine Werte und Ziele festgelegt. Zusammenarbeit und Meinungsverschiedenheiten werden konstruktiv angegangen. Mitglieder haben ihre Rollen eingenommen, die Produktivität steigt. - Performing-/Leistungs-Phase
Das Team hat sich eingespielt. Jeder kennt seine und die Stärken der Anderen. Die Phase ist geprägt von Leistung, Ergebnis und Vertrauen. - Adjourning-/Auflösungs-Phase
Bei temporär gebildeten Teams (in Projekten) löst sich das Team nach getaner Arbeit wieder auf. Mitglieder wechseln in andere Teams.
Allen Phasen liegt die Entwicklung des Wir-Gefühls zugrunde. Sobald und solange dieses vorhanden und gelebt wird, performt das Team. Tore werden geschossen, Siege erzielt und Pokale eingeheimst. Egoismus gibt es in den Leistungs-Phasen eines Teams nicht (mehr).
Teamperformanz
Es ist bereits angeklungen: Erfolgreiche Teams sind gekennzeichnet durch gemeinsame Ziele, Wertschätzung und Vertrauen. Jeder kennt die Stärken des anderen und weiß, dass vorhandene Unterschiede helfen, gemeinsam weiterzukommen.
Gemeinsam mehr erreichen.
Distributed Teams
Die Entwicklungsphasen und Performance von Teams hängt nicht an einem gemeinsamen Ort. Das zeigen uns viele Teams seit Jahren. Ein paar Beispiele:
- DoIst
Das Unternehmen hinter ToDoIst, einer Software für die Aufgabenverwaltung, arbeitet seit der Gründung 2007 ausschließlich remote. Über 110 Doister, wie sich die Mitarbeiter nennen, sind verteilt über 73 Städte in 35 Ländern. DoIst ist im Markt etabliert und wächst seit Jahren aus eigener Kraft. Die Hälfte der Mitarbeiter ist seit über vier Jahren an Bord. - Automattic
Die Firma hinter WordPress, WooCommerce, Jetpack, Day One und anderen Softwareprodukten. Über 2.000 Mitarbeiter in 100 Ländern haben das Unternehmen zu einem Marktführer in den jeweiligen Produktgruppen gemacht. - WorkMotion
Ein deutsches Tech-Startup mit 290 Mitarbeiter:innen und 56 Nationalitäten, die das Onboarding in Unternehmen vereinfachen wollen.
Die Beispiele zeigen, dass Remote First und Remote Only mehr als schöne Worte sind. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass Remote Work nicht nur funktioniert, sondern auch Vorteile für das Unternehmen und die Mitarbeitenden bringt.
Distributed Teams, dort, wo Mitarbeitende nicht (permanent) an einem Ort zusammensitzen, gibt es bereits viele Jahre. Doch mittlerweile ist die Technik so ausgereift, dass die Hürden in der Kommunikation gefallen sind. Wort und Bild von der Kolleg:innen kommen bei Gesprächsteilnehmern an, als wären alle in einem Raum beisammen.
Informationen zur technischen Ausstattung von Besprechungsräumen und Homeoffice findest du hier.
Neben einer guten Hardware gibt es auch Software und vor allem erlernbare Skills, die uns helfen, die neue Zusammenarbeit auf Distanz zu meistern.
Software für eine starke Zusammenarbeit
Kollaboration, die Zusammenarbeit im Team, lässt sich mithilfe von Software unterstützen.
Kollaborationstools
Microsoft Teams und Slack sind zwei weitverbreitete Tools. Mit ihnen gelingt es, die Kommunikation anhand von Themen (Projekten, Aufgaben, Rollen) zu strukturieren. So erfolgt, im Unterschied zu E-Mails, der Gesprächsfaden (Thread) automatisch themenbezogen. Alle Mitglieder eines Kommunikationskanals haben Zugriff auf die dort abgelegten Informationen (Text, Bild, Sprache, Dateien). Und noch ein Vorteil: Der Austausch in den Kanälen (Channels) erfolgt in der Regel asynchron, also nicht unbedingt in einer direkten Kommunikation, in der alle Teilnehmer zeitgleich verfügbar sein müssen.
Mehr über die Funktion und Vorteile von Kollaborationstools findest du hier.
Doch nicht nur asynchrone Kommunikation ist innerhalb von Slack und Microsoft Teams möglich. Auch Anrufe oder Videochats lassen sich dort planen, durchführen und sogar aufzeichnen. Damit haben sich Slack und Teams zu Plattformen entwickelt, die sämtliche Mitarbeiterkommunikation (und sogar mit Kunden und Lieferanten) an einem Ort zusammenbringt.
Mehr noch: Diese Tools haben Schnittstellen, um weitere im Unternehmen bereits genutzte Software einzubinden. Einige Tools (Videokonferenz, Whiteboards, Teamkalender) sind mittlerweile sogar eingebaut.
Digitale Whiteboards
Flipcharts und Whiteboards helfen uns, unsere Ideen, Gedanken und Aufgaben für alle sichtbar festzuhalten. Mit einem Strich lässt sich erklären und darstellen, was mit dem nur gesprochenen Wort nicht so leicht übermittelt werden kann.
Wenn wir gemeinsam aufschreiben und zeichnen, schaffen wir Verständnis und Verbindlichkeit. Noch Wochen nach dem Treffen können wir in die Situation zurückfühlen und wissen, was diskutiert und beschlossen wurde, sobald wir das Flipchart von damals wieder aufhängen.
Mittlerweile gibt es gute digitale Lösungen, für das analoge Flipchart: digitale Whiteboards. Gut gemacht ersetzen sie nicht nur das Papier und die Tafel, sondern sorgen für zusätzliche Möglichkeiten der Kollaboration, eine ansprechende Optik und automatische Dokumentation.
Mittlerweile habe ich etliche Projekte mithilfe dieser digitalen Tools vorangebracht, Workshops und Meetings moderiert, Ideen und Aufgaben gesammelt. Aus dem Feedback der Teilnehmer weiß ich:
- Digitale Whiteboards sind ein vollwertiger Ersatz für Flipchart und Tafel (selbst in analogen Meetings).
- Fühlt sich die Form der virtuellen Zusammenarbeit erst mal ungewohnt an, sind die Teilnehmer innerhalb von Minuten in der Lage, mit dem virtuellen Whiteboard produktiv (zusammen zu) arbeiten.
- Sticker, Kommentarfelder, eine schier endlose Größe, Templates und die Speicherbarkeit helfen, die Zusammenarbeit am virtuellen Whiteboard nachhaltig zu gestalten.
Vorteil der digitalen Whiteboards ist auch, dass sich diese in vorhandene Kollaborationstools (Microsoft Teams, Slack) integrieren lassen, was deren Nutzung und Verbreitung im Alltag erleichtert.
Beispiele für digitale Whiteboards
Miro ist mein Favorit. Sowohl die Zusammenarbeit im virtuellen Raum als auch in Präsenz ist damit möglich. Damit eignet sich Miro gut für distributed Teams und hybrid Work. Templates, Avatare, Kommentarfelder, die Möglichkeit zu zoomen (Fokus), Chat- und Videofunktionalität machen Miro zu einem universell einsetzbaren Whiteboard für moderne Teamkollaboration. |
Mural ist Miro sehr ähnlich (auch im Pricing). |
Whiteboard-Tools in Microsoft Teams und Zoom: Vorteil dieser Tools ist die Integration in bereits genutzte Tools. Die Funktionalität dieser Add-Ons ist jedoch eingeschränkt (zu Miro und Mural). |
Office-Programme
Wenn wir über Office-Programme sprechen, denken wir meist an Microsoft Office. In dem Paket sind (in erster Linie) ein Schreib-, Tabellen- und Präsentations-Tool enthalten. Doch Microsoft steht hier mittlerweile nicht mehr allein in unseren Unternehmen.
Beispiele für Office-Pakete
Microsoft 365 wurde bis vor kurzem unter dem Namen Microsoft Office vertrieben. In verschiedenen Paketen werden unterschiedliche Programme angeboten. – Word – das Schreibprogramm – Excel – die Tabellenkalkulationssoftware – Powerpoint – das Präsentationstool – Outlook – für E-Mail-Kommunikation und Kalender – Teams – als Kollaborationssoftware – Onedrive – der Cloudspeicher für Dateien |
Google Workspace, früher als G Suite bezeichnet, ist das Officepaket von Google. Unterschiedliche Pakete bieten Lösungen vom Einzelunternehmen bis zum Konzern. Komponenten von Google Workspace (für Unternehmen): – Docs – das Schreibprogramm – Sheets – die Tabellenkalkulationssoftware – Slides – das Präsentationstool – Gmail – für E-Mail-Kommunikation – Calendar – der Kalender – Drive – der Cloudspeicher für Dateien |
Ob als eigenständige Produkte oder integriert in die (vorgenannten) Kollaborationstools: Office-Pakete bieten mittlerweile gemeinsamen und gleichzeitigen Zugriff auf Dateien an. So lässt sich zusammen an Konzepten arbeiten, ein Business Case abstimmen oder die Unternehmenspräsentation erneuern. Und das ganz unabhängig von dem Ort, an dem die Bearbeiter:innen gerade sitzen. Ein Internetzugang genügt.
Zusammenarbeiten trotz Distanz
Kommen wir jetzt zu dem wahrscheinlich wichtigsten und zugleich herausforderndsten Teil guter Zusammenarbeit: die emotionale Zugehörigkeit zu einem Team. Nur wenn diese vorhanden ist, wenn wir einander vertrauen, uns verlassen können, verbindlich sind und gemeinsame Werte und Ziele verfolgen, klappt es mit der Zusammenarbeit.
Streit als Gradmesser für gute Teams
Streit gehört dazu. In eine Partnerschaft im Privaten ebenso wie im Beruflichen. Ein gutes Team sieht Meinungsverschiedenheit und Streit allerdings nicht als etwas Trennendes, sondern als Voraussetzung für das Erreichen noch besserer Lösungen.
An der Streitkultur eines Teams lässt sich erkennen, wie die Mitglieder zueinander stehen. Werden abweichende Meinungen gehört, vielleicht sogar erbeten? Hören sich die Mitglieder gegenseitig zu? Werden Kritik und abweichende Vorschläge als Impuls für eine noch bessere Lösung gesehen? Oder werden Meinungsverschiedenheiten unterdrückt, ausgeschwiegen und unter den Teppich gekehrt?
Streit im virtuellen Raum
Teams, die eine positive Streitkultur leben, werden diese problemlos in den virtuellen Raum übernehmen. Denn wo Streit als Bereicherung und Voraussetzung für Verbesserung erkannt wird, da ist kein Raum für (absichtliche?) Missinterpretation von Zwischentönen oder Sichtbarkeitslücken, die es vor Mikrofon und Kamera immer gibt.
Gute Teams werden fehlende Signale oder vermeintlich erkannte Missverständnisse direkt ansprechen und klären. Das klappt, wenn alle in einem Raum sind, genauso gut wie wenn jede:r im Homeoffice sitzt.
Mehr reden und schreiben
Was Mikrofon und Kamera verborgen bleibt, das müssen wir durch mehr Worte ausgleichen. Das funktioniert, indem wir vor der Kamera mehr sprechen und im Chat mehr schreiben. Damit gelingt es nicht nur, von der Kamera oder dem Mikrofon nicht übermittelte Signale zu übertragen. Erklärende Worte helfen auch, Missverständnisse zu erkennen, zu vermeiden und auszuräumen.
Beschreibe, wie du etwas siehst, was du fühlst und welche Erwartungen du hast. Das mag sich anfangs vielleicht ein wenig ungewohnt und im Business-Kontext unpassend anfühlen, doch es hilft, gemeinsame Perspektiven einzunehmen.
Noch einen weiteren Vorteil hat es, wenn wir mehr festhalten, insbesondere schriftlich: Es wird leicht(er) Entscheidungen zu treffen (wenn der Weg dorthin dokumentiert ist). Auch lassen sich neue oder temporäre Teammitglieder schnell und umfassend auf den Wissensstand des gesamten Teams bringen.
Übrigens: Eine gute Suchfunktion von Kollaborations- und Dokumentationstools hilft, gerade benötigte Informationen schnell griffbereit zu haben.
Teamevents
Sich zu treffen, gemeinsam feiern und Spaß haben. Das braucht und tut jedes gute Team. Weil Hochleistung im Job auch Ausgleich benötigt. Weil Erfolge auch gefeiert werden müssen. Teamevents gehören da unbedingt dazu.
Natürlich können wir uns auch zu einem virtuellen Teamevent treffen. Auch da lässt sich toll feiern, Spaß haben und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.
Doch noch viel wichtiger wird es in einer hybriden Arbeitswelt werden, sich auch mal in echt, persönlich gemeinsam an einem Ort zu treffen.
Unsere Büros werden sich verändern
Statt Büros mit Schreibtischen, benötigen wir künftig Orte, an denen wir als Team zusammenkommen können. Um gemeinsam, hauptsächlich in Projekten, zu arbeiten. Und – noch viel wichtiger – wir benötigen diese Orte, um gemeinsam zu feiern.
Was sich zu Beginn der Corona-Pandemie abgezeichnet hat, ist mittlerweile in vielen Unternehmen zum Standard geworden: Für Deep Work, für Phasen konzentrierter Einzelarbeit, brauchen wir nicht mehr ins Büro zu pendeln. Die von uns, die im Homeoffice die Möglichkeit haben, werden diese nutzen. Oder ein Café, einen Co-Working-Space, das Airbnb-Apartment oder den Campervan. So unterschiedlich wie wir Menschen nun mal sind, so verschieden ist die Umgebung, die wir persönlich für Hochleistungswissensarbeit benötigen. Da ist das Büro nur eine Möglichkeit von vielen.
Viel wichtiger ist die künftige Rolle der Büros: Büros werden sich zu Orten der Begegnung wandeln. Orte, an welchen sich Mitarbeitende (und Chef:innen) gern begegnen, sich austauschen, Ideen entwickeln, diskutieren, gemeinsam einen Kaffee trinken und feiern. Das Büro wird weniger Arbeitsplatz und mehr Eventfläche sein.
Zusammenarbeit ist ortsunabhängig
Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein. Technisch ist alles vorbereitet und erprobt. Die Jüngeren unter uns (und zunehmend auch wir senioren Mitarbeitenden) fordern mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir wollen uns weiter engagieren, für Themen, die uns und die Welt verbessern. Das können wir jetzt gemeinsam tun. Als Team. Auch wenn wir nicht an einem Ort zusammensitzen.
Die Zukunft der Arbeit ist ortsunabhängig.
0 Kommentare